«Danach wurde mir noch bewusster, dass es den Zivilschutz definitiv braucht.»

Manoli, 36 - Zivilschützerin

Ich arbeite als Zivilschutzstellenleiterin. Mein Alltag (wenn nicht gerade eine weltweite Pandemie herrscht) umfasst die Administration, Organisation der Wiederholungskurse, Krankheitsgesuche wie auch Verzeigungen von ferngebliebenen Zivilschutzangehörigen. Ich bin Mutter und arbeite zu 60% für den Bevölkerungsschutz, hauptsächlich für den Zivilschutz. Die restlichen 40% widme ich meiner Familie und meinem kleinen Sohn.

Es war (so glaube ich) der Jahreswechsel 2019/2020, als ich das erste Mal vom Coronavirus gehört hatte. Erst als Schweizer Medien eines Morgens mit dem Titel «Erster COVID-Fall in der Schweiz» berichteten, wurde mir bewusst, die Gefahr kommt näher und wird uns ebenso treffen wie China.

Persönlich kamen einige Unsicherheiten, die ich so vorher noch gar nicht von mir kannte. Wie schütze ich meine Familie und wie kann ich mich selbst schützen?

Mein Partner arbeitet bei einem der grössten Schweizer Detailhändler und erzählte mir abends immer wieder von den Hamstereinkäufen, den zusätzlich bestellten Lieferungen von Lebensmitteln, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, und dass auch das Personal enorm gefordert sei.

Als wäre das alles nicht schon genug, so kam dann auch noch eine E-Mail von der Kindertagesstätte meines Sohnes.

«Aufgrund der zugespitzten Lage und den neuen Verordnungen des BAG muss die KITA schliessen».

Was mache ich jetzt? Ich muss ja arbeiten und werde im Zivilschutz gebraucht…

Ich kontaktierte meinen Chef und erzählte ihm, wie die Lage mit der Betreuung meines Kindes ist. Es fielen mir gefühlt ein Dutzend Steine vom Herzen, als ich sein volles Verständnis am Telefon erfuhr.

So schön es nun war, dass ich mehr Zeit mit meinem Sohn verbringen durfte (oder auch musste), so herausfordernder wurde die Betreuung von Tag zu Tag. Inzwischen arbeitete ich im Homeoffice. Meinem Sohn konnte ich noch nicht wirklich erklären, weshalb er nun seine «Gspänli» nicht mehr sehen konnte. Und jeden Tag diese eine Frage…

«Gehe ich morgen wieder in die KITA?»

Mit jedem Tag entwickelte er weniger Geduld, nörgelte immer mehr und, wie es sich natürlicherweise für ein Kind gehört, brauchte er deutlich mehr Aufmerksamkeit. Völlig klar!

Da gab es manchmal auch Momente, wo ich ihm sagen musste, dass ich mich jetzt auf die Arbeit konzentrieren muss und gerade keine Zeit für ihn habe. Natürlich gab mir das als Mami alles anderes als ein schönes Gefühl. Und ja, ich habe ihn auch mal vor den Fernseher gesetzt.

Als die Lage in der Schweiz zu eskalieren drohte, hatte ich alle Hände voll zu tun. Notfallaufgebote von Angehörigen des Zivilschutzes (AdZS) waren unter anderem eine meiner Kernaufgaben.

Bei den Notfallaufgeboten waren wir kulant. Wir haben bei den AdZS persönliche und berufliche Dinge enorm berücksichtigt. Einsatzkräfte, die im eigentlichen Berufsleben für die wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) eine zentrale Versorgungsfunktion hatten oder im Gesundheitswesen gebraucht wurden, haben wir vom Einsatz befreit. Für uns war klar, die werden bereits an der «anderen Front» gebraucht. AdZS, welche zum Beispiel inzwischen arbeitslos wurden oder sich in Kurzarbeit befanden, haben wir «aufgefangen» und bei uns eingesetzt. Ein AdZS blieb mir in

Erinnerung: Seine Freundin hat eine schwere Immunkrankheit und die COVID-Infektion könnte sie ihr Leben kosten. Mit diesen Ängsten kämpften nun also Menschen rund um mich. Der Fall war klar, er blieb Zuhause!

In dieser Zeit habe ich die AdZS enorm von ihrer persönlichen Seite kennengelernt. Ängste, Sorgen und Fragen galt es, aufzuarbeiten, und so verbrachte ich viel Zeit mit Telefonaten, um ihnen Mut zu machen und sie zu supporten, wo es nur ging. Die menschliche Seite des Zivilschutzes durfte ich wieder einmal spüren. So kam es beinahe täglich zu Anrufen am Abend, in der Nacht und auch sonntags. Meine Arbeitszeiten erhöhten sich massiv.

An einem Sonntag einfach im Garten entspannen oder einen längeren Spaziergang machen, lag aufgrund der beruflichen Herausforderungen schon gar nicht mehr drin. Auch das Familienleben litt zeitweise darunter. Dennoch war für mich klar, es ist mein Job und für mich ist dieser Einsatz und das Engagement selbstverständlich!

So viele, auch kleine Aufgaben gehören zu meinem Arbeitsalltag. Da ich inzwischen den grössten Teil von Zuhause aus erledigen konnte, war mein Chef auch öfters im Blindflug unterwegs. Völlig klar, dass er nicht all meine Arbeitsschritte im Alltag auswendig kannte. Jetzt war es teilweise gar so, dass ich ihm Aufträge abgeben musste, da ich diese von zu Hause aus nicht erledigen konnte.

Wir trainierten immer für den «Ernstfall» und dennoch war dieser nie wirklich greifbar. Mit diesem Einsatz und diesem Ereignis wurde mir noch bewusster, dass es den Zivilschutz definitiv braucht.

Ich mache meinen Job gerne – auch in Zukunft!