«Ich spürte pure Erleichterung, als ich das Martinshorn hörte!»
David, 21 - Ersthelfer
Es war ein warmer Frühlingstag, eine leichte Jacke konnte man schon tragen. Mit meinen Kopfhörern in den Ohren und lauter Musik ging ich gut gelaunt an den Bahnhof. In wenigen Minuten treffe ich «meine Jungs» und wir gehen in die beliebteste Bar der Stadt etwas trinken. Am Bahnhof angekommen habe ich noch fünf Minuten Fussweg und machte mich somit auf den Weg an mein Ziel.
Ich bog auf dem Vorplatz in die Fussgänger:inunterführung des Bahnhofs ab und sah auf der Zwischenetage eine Menschengruppe von mindestens 15 Personen. Sie standen im Halbkreis um etwas herum. Die Neugierde packte mich, ich wollte wissen, ob es vielleicht etwas zu verschenken gäbe. Falsch gedacht. Da lag ein Mann kopfvoran gebeugt. Sein Gesicht war massiv blau gefärbt. Ich wusste bereits aus Kursen, dass der Mann vermutlich schlecht oder gar nicht atmet.
Geholfen hat zu diesem Zeitpunkt keine:r der umherstehenden Menschen. Ich fragte in die Runde, ob schon jemand den Notruf gewählt und die Rettungskräfte verständigt habe. Ein «nein» kam zurück und ich begann, Aufgaben zu verteilen. Simultan drehte ich den Mann auf dieser kleinen Plattform auf den Rücken. Dann überprüfte ich seine Atmung und stellte fest: Er atmet nicht. Eine Person soll sich um den Notruf kümmern, eine um den Defibrillator und eine weitere um das Verständigen vom Sicherheitspersonal am Bahnhof, das für mich eine wertvolle Ressource darstellt; gewöhnlich laufen diese sehr oft auf dem Gelände herum.
Ich präzisierte den Auftrag der alarmierenden Person: «Sagen Sie bitte am Telefon, dass wir gerade am Reanimieren sind und einen Rettungswagen plus Notarzt brauchen.» Gemacht, getan.
Das Shirt vom leblosen Mann habe ich kurzerhand nach oben gestreift und seinen Brustkorb zusammengedrückt. Es ging echt in die Arme.
Zufällig kam eine Frau in Militäruniform vorbei, welche in der Armee-Sanitätsschule dient. Das Sanitätsabzeichen fiel mir bei einem kurzen Blick auf und ich wusste, mit ihr als Team-Playerin werden wir die Zeit überbrücken. Es lag auf der Hand, dass wir zu zweit deutlich besser reanimieren können, wie wenn ich es allein machen würde.
Durch das ausgeschüttete Adrenalin in meinem Körper habe ich mit voller Kraft den Brustkorb des Mannes zusammengedrückt. Ich schwitzte und es ging spürbar auch in meine Arme.
Das erste Martinshorn hörte ich von weitem. Ich hatte nur etwas im Kopf: «Endlich, die Unterstützung kommt.» Ich fühlte mich schon deutlich erleichtert. Um mich herum habe ich ansonsten alles ausgeblendet. Ich war voll konzentriert mit der Reanimation und nur durch das Schulterklopfen des einen Feuerwehrmannes mit dem Satz «Wir sind jetzt da und unterstützen dich.» konnte ich wieder Erholung und Kraft tanken. Ich merkte, mir geht die Kraft wirklich aus. Aber eben, endlich waren die uniformierten Profis da.
Weggeschickt haben sie mich aber nicht. Nein, sie haben mich vollends mit in die Situation eingebunden und so wurde ich vor Ort gefühlt ein Teil des Teams. Nur wenige Minuten später ertönten aus der Ferne weitere Martinshörner.
Der Rettungsdienst und Notarzt trafen ein. Inzwischen waren gefühlt ein Dutzend Menschen in Leuchtjacken bei dieser Situation involviert. Jeder wusste genau, was zu tun war. Inzwischen hatte auch die Feuerwehr ihre Hände frei und konnte sich um einen Sichtschutz kümmern.
Der Mann mit dem Herzkreislaufstillstand wurde nun verkabelt. Die Rettungskräfte arbeiteten sehr zügig und dennoch als eingespieltes Team. Von aussen betrachtet, sass jeder Handgriff und die vielen Aufgaben wurden enorm strukturiert abgearbeitet.
Es imponierte mir. Und zugegeben, irgendwann – so hoffe ich – darf ich selbst einmal in einem solchen Beruf arbeiten.
Ich möchte euch für eure Hilfe und Unterstützung danken!